News März 2012

Des Kaiser’s neue Kleider

Wie oft haben Menschen Angst davor, zu kritisieren, was scheinbar von allen anderen als gut oder wichtig gewertet wird. Sie spielen mit, um dazu zu gehören, und versuchen krampfhaft, Teil von etwas zu sein. Sie verleugnen sich selbst und das, woran sie glauben, nur um akzeptiert zu werden – oft in einen Bereich oder eine Gruppe, der sie nicht wirklich angehören wollen. Aber sie sind überzeugt davon, das die Gesellschaft, Familie und Freunde es von ihnen erwarten.

Menschen, die die Anmassung einflussreicher Personen und Institutionen anzeigen, werden häufig mit dem Kind verglichen, welches verkündet, dass ‚der Kaiser keine Kleider trägt‘. Es bezieht sich auf eine Situation, in der Menschen nicht bereit sind, zuzugeben, dass sie den Wert nicht erkennen können – aus Angst davor, zu riskieren, dass sie als ignorant oder dumm angesehen werden. Daher stimmen sie den ‚Experten‘ bei, die den Wert anpreisen und verherrlichen. Dies geht Hand in Hand mit Hochmut – vorzugeben, jemand anderes zu sein oder als jemand gesehen zu werden, der sie nicht wirklich sind.

Die Aborigines haben dies nicht getan. Es wurde von ihnen erwartet, sich zu verändern, sich einer Lebensweise, die ihnen fremd war und sinnlos erschien, zu unterwerfen und diese zu akzeptieren. Teil einer Gesellschaft zu werden, die von ihnen erwartete, ihre Weltanschauung und alles, woran sie glaubten, zu ändern. Wie das Kind in der Geschichte lehnten sie sich auf, weigerten sich, zu akzeptieren, dass der westliche Lebensstil der einzig richtige war und den einzigen Weg, zu überleben, darstellte. Ihre starke Beziehung und Verbundenheit zum Land befahl ihnen, beständig an dem festzuhalten, woran sie glaubten, und was über Tausende von Jahren von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Diese Einstellung hat jedoch nicht von der Weisheit der Aborigines abgelenkt, die dazu fähig sind, brauchbare, und für sie nützliche Konzepte, anzunehmen. Es gab keinen mutwilligen Ungehorsam aus Trotz gegenüber Neuem – wo es Sinn ergab, wurde nach Beobachtung die Verbreitung der Information je nach Brauchbarkeit entweder entsorgt oder neu in einer Weise zusammengebaut, die der Kultur der Aborigines entsprach. Alles Wissen wegzuwerfen und als sinnlos zu behandeln, ist mehr eine Haltung des Stolzes, als die einer intelligenten Wissbegierde.

Die Stärke liegt darin, zu wissen, woher wir kommen. Nicht nur Lebensraum, sondern auch Ausmass der Geschichte. Das gibt uns die Sicherheit und Kraft, zu entscheiden, wohin wir gehen. Die Richtung, die wir einschlagen wollen. Die Ureinwohner Australiens sind für uns Vorbild menschlicher Zielstrebigkeit, allen Widrigkeiten zum Trotz zu überleben, und Widrigkeiten in einen Sieg zu kehren – ohne Angst davor, zu kritisieren, obwohl alle anderen zu denken scheinen, dass etwas gut oder wichtig ist. Noch zu verwerfen, was Sinn macht – sondern es in ihre Kultur einzubinden. Das macht das Wesen des Menschen aus, der sich zu verbessern sucht. Es bietet eine Art der Robustheit, aufgebaut auf dem, was funktioniert – im Gegensatz zu dem, was allgemein als scheinbar funktionierend angesehen wird. Und gibt den Impuls, durch Widrigkeiten zum Sieg zu avancieren.

‚Tu, was du in deinem Herzen als richtg spürst – weil du wirst ohnehin kritisiert werden.‘ (Eleanor Roosevelt, 1884 – 1962)


Barbara

News Februar 2012

Jack be nimble – Jack, sei wendig

Aborigines waren anpassungsfähig, sie bewegten sich mit dem Wandel der Erde, passten sich dem Wechsel der Jahreszeiten an, verstanden die Notwendigkeit der Veränderung und lernten daraus. Behende in ihren Bewegungen, wendig im Verstand, jederzeit aufmerksam und allzeit wachsam.

Wendig zu sein ist ein Vermögenswert, ein Kapital; in der Lage zu sein, sich zu verändern, anzupassen, zu adaptieren – Fehler zu machen, und daraus zu lernen – in Geist und Seele zu wachsen, um sich den spannenden Herausforderungen, die das Leben an uns wirft, zu stellen. ‚Jack be nimble‘, lautet der Reim, ‚Jack sei schnell, Jack spring über das Kerzenlicht so hell‘. Heute würden viele von den Flammen verschlungen werden – unfähig oder unwillig, sich dieser rasant verändernden Welt, in der wir leben, anzupassen. Festhalten am Alten, Vergangenen, anstatt das Neue anzunehmen, zu umschliessen – hoch über die Flammen der Kerze zu springen, anstatt sich durch Apathie, Unzufriedenheit und fehlende Motivation zu verbrennen.

‚Nimble‘ ist als Behendigkeit der Bewegung definiert – entweder im Körper oder im Geist. Es beschwört Gedanken an Agilität, Leichtigkeit und Klarheit herauf. Behendigkeit der Gedanken, Behendigkeit in der Tat. Sowie wir mit dieser Klarheit denken, ergreifen wir Maßnahmen, bevor der Gedanke schal und abgestanden wird, die Idee Schwung und Impetus verliert – und die Beute wieder im Unterholz verschwindet, versteckt durch das Gebüsch, das, um die Ansicht zu verschleiern, den Geist zu verwirren und die Vision erneut zu verbergen, vor uns aufgestiegen ist. Kein Jäger würde dies tun. Sie sind entschlossen, ergreifen Maßnahmen – oder gehen leer aus.

‚Jack be nimble‘ befiehlt ihm, hoch zu springen, zu streben, sich nach oben zu strecken, über seinen Glauben hinauszugehen – und genau damit sein Ziel zu erreichen. Es fordert uns heraus, diese Träume, Gedanken und Ideen, die durch Jahre der Untätigkeit und Passivität verblasst sind, zu revitalisieren. Es erinnert uns an das Leben, wie es einmal war, das Leben, wie es hätte sein können, und das Leben, wie es jetzt ist. Wir können in der Negativität dieser Gedanken schwelgen, oder auf den Aufruf, der stillschweigend in diesen Zeilen liegt und uns zum Handeln einlädt, reagieren. Um uns von Widrigkeiten zum Sieg zu bewegen, erfordert es von uns, dass wir flink und behende werden.

Behende im Geist hat nichts mit der Farbe der Haut oder der Herkunft zu tun. Es ist ein Kapital, das man anzapfen kann, etwas, das mit Sicherheit unser Leben bereichert und uns vor allem erlaubt, das Neue zu integrieren – die Veränderungen, die uns zugute kommen, jetzt und in Zukunft.

‚Nimble‘ hat die Macht, zu bauen. Es ist positiv, behende, schlagfertig, versiert, leicht und aktiv. Die Fähigkeit der Aborigines, zu leben und sich an die Härte Australiens anzupassen, hat dies umschlossen. Das Leben, wie wir es heute kennen, gebietet es!

‚Denn unumschränkt fliegt der Gedanke über Meer und Land…‘ (William Shakespeare)

Barbara

News Januar 2012

Frischer Wind

Es besteht die Tendenz, zu argumentieren, dass sich nichts verbessert hat – eine Art öffentlich-lebendiger Masochismus, dessen Anhänger sich besser fühlen je schlimmer sie die Dinge erscheinen lassen können.

Jedes Jahr beginnen die Menschen mit neuen Absichten. Frischen Vorsätzen für das ‚Neue Jahr‘. Ein Entschluss, durch den Dinge sich zum Besseren verändern werden – und der Einzelne sich irgendwie auf eine andere, bessere Ebene weiter entwickeln kann. Für diese Verfechter besteht sehr wohl der Wille, aber nicht die Willenskraft. ‚Mit der Masse mitlaufend‘, ermöglicht der Einzelne es den Widrigkeiten des Lebens bald, seine Vorsätze untergraben zu lassen, Negativitäten zu hören, schlechten Nachrichten zu glauben – anstatt festzuhalten an der Absicht, eine Änderung vorzunehmen. Nicht ahnend, dass eine gemeinsame Entscheidung, anders zu denken, sich auf das Ergebnis für alle auswirken würde.

Dem ungeschulten Auge erscheint die Kunst der Aborigines wie eine unüberschaubare Anzahl von Punkten, willkürlich nach dem Zufallsprinzip auf eine weiße Leinwand getupft, ohne Bedeutung. Ähnlich wie das Leben selbst – eine zufällige Ansammlung von Gedanken, ohne Zusammenhang. Die Absicht des Künstlers unklar, so dass beim Betrachter der Eindruck verbleibt, dass wirklich nichts hinter den zahllosen Farbtupfern, noch hinter den Gedanken im Kopf steht. Doch für das geschulte Auge erzählt das Kunstwerk eine Geschichte, ist es eine Landkarte mit klaren Anweisungen über die Entwicklung der Erde, der Tiere und Pflanzen. Es ist eine Botschaft der Hoffnung, weitergegeben durch die Weisheit von Generationen, die den Rhythmus, die Jahreszeiten und die Gaben von ‚Mutter Erde‘ verstehen – weitergegeben an jene, die positiv genug sind, daran zu glauben, dass es eine Zukunft gibt, anstatt daran, dass das Leben immer schlimmer wird – es geht einfach durch die ‚Jahreszeiten‘ der Veränderung. Die Balance zwischen Schnee im Winter, Sonne im Sommer, und grünen Blättern im Frühjahr, die sich im Herbstnebel gelb verfärben. Das Organisieren und Anordnen der Punkte, die unsere Gedanken repräsentieren, in klare und definierte Pläne, Wege, Ziele, Ambitionen und Träume, die uns mit größerer Klarheit durch das Leben führen.

Bei Metamorphosoz geht es um Veränderung. Es geht um den Sieg über Widrigkeiten. Nicht ‚Neujahrs-Vorsätze‘, sondern ‚work in progress‘, ‚Arbeit in Bewegung‘ für diejenigen, die es bevorzugen, eher Verfechter einer positiven Veränderung zu sein als dem öffentlich-lebendigen Masochismus zu folgen.

Die Welt gemeinsam zu tragen war noch nie eine charakterisierte Eigenschaft der Menschheit… (Henry Reynolds, ‚Why weren’t we told‘)

Barbara

News Dezember 2011

Widrigkeiten und Sieg

Mit Zerstörung kommt Wiederaufbau, mit Verdrängung die Versöhnung. Im Laufe des Jahres haben wir verschiedene Aspekte der Kultur der Aborigines und Australien als Land betrachtet. Wir haben gesehen, wie die indigene Bevölkerung vertrieben wurde, und wie die frühen Siedler sich an die Härte und Realität Australiens anpassen mussten.

Auf den ersten Blick machen die intensive rote Erde, das funkelnde blaue Meer, endlose weiße Strände und üppige dunkle Regenwälder, die Kängurus, Koalas, Cassowarys und exotische Vögel es zu einem wahren Paradies. Obwohl so wunderschön, wird dieses Paradies von den zehn giftigsten Schlangen der Welt bewohnt. Giftige Spinnen, die mit einem einzigen Biss töten können. Ameisen, die Schmerzen verursachen, die über mehrere Stunden anhalten – und eine Vielzahl von Pflanzen, die hübsch aussehen, aber für den Uneingeweihten Lieferanten von Schmerzen sind. Ein Kontinent, der von einem Meer umgeben ist – so verlockend, so verführerisch – jedoch Heimat des Box Jelly Fish (Würfelqualle), Irukandjis, Salzwasser-Krokodile und vieler anderer exotischer, aber gefährlicher Wesen. Entgegen all dieser Widrigkeiten haben Generationen überlebt – und sich weiter entwickelt. Welch Mut muss der Mensch gehabt haben, die Schönheit zu sehen, und die Rauheit, so einzigartig für dieses Land, zu überwinden. Das australische Wappen sagt alles – die Menschen, wie die beiden dargestellten Tiere – Emu und Känguruh, mit der Unfähigkeit, zurück oder rückwärts zu gehen. Sie müssen aus dieser Notwendigkeit heraus vorwärts gehen. Wie die Menschen hier. Angetrieben zum Sieg.

Australien ist die Heimat der ältesten, kontinuierlich lebendigen Kultur der Welt. Schätzungen zufolge mindestens 40.000 Jahre alt, ist dieses Volk immer noch stark und verbreitet. Auch wenn die Kultur der Aborigines während der Zeit der Kolonisation einen bedeutenden Rückschlag erlitten hat, waren es wir, die „Neulinge“, die davon profitierten. Uns war erlaubt, an etwas ’so Altem‘ teilzuhaben, an etwas, das immer noch schwierig für uns zu begreifen ist. Wir haben in dem Volk eine Einheit mit dem Land und ein Verständnis für die Natur erlebt, unleugbar tief verwurzelt mit dem Gewebe der australischen Geschichte. Ihre Kunst ist eine Sprache, die Geschichten erzählt, die Entwicklung des Volkes erklärt, ihre Bräuche, ihre Art veranschaulicht – und zeigt, wie sie überlebten. Es lädt uns dazu ein, zu verstehen und anzunehmen, was sich hier in diesem Land im Laufe der Jahrhunderte ereignet hat. Je mehr wir lernen, desto mehr erkennen wir, wie fortgeschritten dieses Volk war, und wie nahe daran wir waren, es zu zerstören. Mit jeder neuen Entdeckung, die gemacht wird, werden die Aborigines Australiens an ihren rechtmäßigen Platz erhoben.

Es liegt noch ein langer Weg vor uns – Wiederaufbau und Versöhnung finden statt, aber es gibt Prognosen, dass es noch zwei Generationen dauern könnte, um zu akzeptieren, was geschehen ist. Wir wollen alles in unserer Macht Stehende tun, um den Prozess der Vereinigung zu beschleunigen – ein starkes Land, ein starkes Volk – mit der Erkenntnis, dass wir ‚gemeinsam stehen, aber getrennt fallen‘. Erst dann kann dieses Land zu der Größe aufsteigen, die es in sich birgt. Und nur dann, wenn wir den mutigen Schritt unternehmen, uns den Widrigkeiten der Vergangenheit zu stellen, werden wir beim Sieg der Zukunft ankommen.

So oft geschieht es, dass wir unser Leben in Ketten leben – und wir nicht einmal wissen, dass wir den Schlüssel haben. (The Eagles, 1974)

Barbara

News November 2011

Distanz

Distanz, gleich wie ‚Flüsterpost‘, hat die Fähigkeit, die Realität zu verzerren – mit dem Ergebnis, dass Menschen Grenzen überschreiten können. Während wir uns die Grenzen, die den Aborigines auferlegt wurden, ansahen, können Grenzen auch eine andere Konnotation annehmen. Hier in Australien haben wir erlebt, wie die frühen Siedler aus ihrer Komfort-Zone gerissen wurden und weit weg, ausserhalb davon, platziert wurden. Auf einem Kontinent, ganz anders als England, mit anderem Klima und einer Rauheit, die sehr unwirtlich gegenüber der hellen Haut der nördlichen Bevölkerung ist. Jedoch ein Kontinent, völlig geeignet für das indigene Volk.

Das Resultat der ursprünglichen Entwurzelung war das Umlagern der frühen Siedler, und aufgrund dessen die Verdrängung der indigenen Bevölkerung. Vertrieben von ihrer Lebensweise, distanziert von ihren Wurzeln, ihrem Lebensstil und ihrer Art, zu leben. Sie wurden gewaltsam in ein fremdes Ideal eingegliedert, das für Europa geeignet, aber – in Australien angewandt – fehl am Platz war. Dadurch wurde eine Kette von Ereignissen ausgelöst, durch die humanitäre Grenzen überschritten wurden.

Das Ergebnis war nicht nur eine buchstäblich physische Distanzierung, sondern auch eine emotionale Distanzierung für alle Beteiligten. Die Aborigines, vertrieben aus ihrer Sicherheit und ihrem Bedürfnis nach Zugehörigkeit – was so gut in ihrer Kunst und Musik ausgedrückt wird – mussten eine tiefe Sehnsucht empfunden haben, wieder nach Hause zurück zu kehren. Eine Sehnsucht, die auch sicherlich von denen, die ihre Familie und Lieben in der alten, europäischen Heimat zurückgelassen hatten, geteilt wurde.

So stark ist der Zug zu unseren Wurzeln, dass viele, die für ein neues Leben hier in Australien ihre Heimat verlassen, wieder nach Hause zurückkehren – unfähig, hier ohne die notwendige Unterstützung von Familie und Grossfamilie zu überleben. Dieses Bedürfnis nach Familie ist unsere Natur, die Art und Weise des Menschen – ob europäischen oder indigenen Ursprungs. Umsiedelung, Verlagerung, wirkt sich auf die Generation aus, die verschoben wurde. Für diese Generation, Pioniere oder Opfer, ist das Leben hart. Keine Heimat, kein Zuhause, keine Ruhe. Die Forschung hat gezeigt, dass die Belastung der Verschiebung so intensiv ist, dass es als eine Ursache für systemische Krankheiten angegeben wurde – mit der Fähigkeit, zu überleben, die aus Unterwerfung und Anpassung an die neue Umgebung kommt.

Nachfolgende Generationen, die an diesem neuen Ort geboren werden, lernen ihre Traditionen und Lebensweisen von ihren Eltern. Als solche sind sie von den Gefühlen und Emotionen, die mit Verdrängung und Distanz Hand in Hand gehen, losgelöst. Wo sie jetzt sind, ist alles, was sie kennen. Dies sind ihre Wurzeln, und als solche nicht fremd, sondern vertraut. Das ist Familie, das ist ihr Zuhause. Entfernung und Trennung, Entbehrung und Verzweiflung werden die Grundlage für Familienhistorie – Geschichten, die wie ‚Flüsterpost‘ verzerrt werden, wenn die Erinnerungen mit der Zeit verblassen. Dieser Abstand bringt mit sich die Möglichkeit, zu heilen, zu verzeihen – und den Schritt von Widrigkeiten zum Sieg, von Torheit zur Weisheit zu tätigen.

‚Distanz gibt uns nicht nur Nostalgie, sondern auch Perspektive, und vielleicht sogar Objektivität‘ (Robert Morgan, 1918 – 2004)

Barbara