News November 2015

Verlorene Zeit – gelebte Zeit

Wenn bedeutsame emotionale Ereignisse in unserem Leben vorkommen, können sie den Denkprozess entgleisen und uns in einem Nebel, einer Leere zurücklassen – irgendwie fehl am Platz. Keiner kann uns auf derartige Zeiten vorbereiten, nur das Vorkommnis selbst kann uns diese Erfahrung geben. Und nur Zeit gibt uns die Fähigkeit, mit dem Problem fertig zu werden, aus dem Nebel wieder heraus zu treten. Klar, jedoch verändert. In keiner spezifischen Art und Weise, aber mit Sicherheit für immer verändert. Sogar die Zeit ist für jeden Einzelnen unterschiedlich. Eine Woche. Ein Monat. Ein Jahr. Jemals?

Die Signifikanz des Erlebnisses, aus dem Komfort der Heimat, ihrer Familiarität, herausgerissen und in eine Welt gestossen zu werden, in der Sprache, Kultur, und sogar das Klima unterschiedlich sind, bringt wohl auch diese Erfahrung der Leere mit sich. Wie lange dauert es, bis Flüchtlinge, oder Einwanderer, sich anpassen, eingliedern können? Werden jene, die Familienmitglieder verloren haben, sich jemals davon erholen?

Diejenigen von uns, die den Verlust eines geliebten Menschen erlitten haben, können den Nebel, die Leere, verstehen. Wir können eine helfende Hand der Freundschaft, Liebe und Respekt anbieten. Wir können den Verlust nicht ersetzen, aber Hoffnung für Frieden nach dem Sturm, für das Heben des Nebels anbieten, damit Klarheit wiederkommt – und für Freude, die den Schmerz ersetzt.

Verlorene Zeit – diese kostbare Zeit, wenn wir uns in unser Inneres zurückziehen und versuchen, Sinn in das Sinnlose zu bringen, das Unbegreifliche zu begreifen, und schlussendlich den Moment der Akzeptanz erreichen. Das Begreifen, dass wir Nichts tun können, um dieses Ereignis zu ändern. Die grauen Nebel lichten sich, Tageslicht dringt durch, und Sonnenschein ersetzt den Regen. Jetzt sind wir wieder bereit, weiterzugehen, dort weiter zu machen, wo wir aufgehört hatten, aber mit neuem Verständnis für die Zerbrechlichkeit des Lebens und die Bedeutung der Zeit. Jetzt sind wir wieder bereit, uns der Gesellschaft anzuschliessen. Einer Gesellschaft, die meist keine Kenntnis unserer persönlichen Situation hat. Es spielt keine Rolle. Es ist nicht wichtig. Wir gliedern uns trotz allem wieder ein.

‘Es gibt keine Vergangenheit, die wir durch Sehnen zurückbringen können. Es gibt nur ein ewig neues Jetzt, das sich aus dem Besten aufbaut und neu erschafft, während sich die Vergangenheit zurückzieht.’ (Johann Wolfgang von Goethe, 1749 -1832)

Barbara


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